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Das Schramberger Urbar des Rochus Merz von 1547/49
Ein textnaher Kommentar von Alfons Brauchle (†)
Eingescannt, formal bearbeitet und behutsam sprachlich und zum Teil auch inhaltlich bereinigt von Martin Dilger im Herbst 2003 und im Frühjahr 2005.
„Besetzte Frevelkeiten“ (Folio 235R bis 242R)
„Besetzte Frevelkeiten“ heißt, daß bestimmte Missetaten mit einer genau festgelegten Strafe abzuurteilen sind. In diesem Kapitel werden freilich nicht alle Frevel genannt. Die nichtgenannten können nach eigenem Urteil bestraft werden, wobei man sich jedoch bei der Festlegung der Geldsumme an den durch die „besetzten Frevelkeiten“ gelegten Maßstab zu halten hatte. Im übrigen werden in diesem Kapitel ausschließlich Geldstrafen genannt. Es gab natürlich auch andere Strafen, doch wurden gewöhnlich Geldstrafen verhängt, was für den Gerichtsherrn natürlich vorteilhafter war.
Die Frevel werden in vier Gruppen eingeteilt: höchste, hohe, mittlere und kleine Frevel, die im folgenden und in dieser Reihenfolge abgehandelt werden.
Die „höchsten Frevelkeiten“ (erste Gruppe)
Höchste Frevel gehörten zur Hochgerichtsbarkeit. Diese Strafen betreffen nur die Ämter Schramberg (mit Sulgen), Aichhalden, Lauterbach und Mariazell.
Wer den Frieden bricht (übersieht), sowohl den höchsten wie auch anderen gebotenen, der büßt (verbessert) mit 20 Gulden an den Herrn. Wenn der Friede aber vorsätzlich (böswillig) und gefährlich (in erheblichem Maße) gebrochen wird, dann wird der Übeltäter „auf Gnade und Ungnade“ des Herrn, also an seinem Leib, abgestraft, möglicherweise auch mit der Todesstrafe.
Wer mit einem Gewehr innerhalb der Herrschaft einen Schuß abgibt, zahlt beim ersten Mal 20 Gulden; in späteren Fällen erhält der Delinquent eine Körperstrafe, je nach Umständen bis hin zur Todesstrafe.
Wer beim Fischen in den Gewässern des Herrn ertappt wird, zahlt als Strafe 20 Gulden.
Wer in einem dem Herrn gehörenden Wald beim Holzhauen oder beim Anrichten anderer Schäden festgestellt wird, wird mit 20 Gulden bestraft.
Wer sich gegen die ersten drei göttlichen Gebote verständigt, ebenso auch gegen das vierte (Untaten gegen die Eltern), der wird bei Verfehlungen geringerer Art mit 2o Gulden (Höchste Strafe) oder je nach der Schwere der Tat oder bei öfteren Verfehlungen höher (mit Körperstrafen) bestraft.
Die „hohen Frevelkeiten“ (zweite Gruppe)
Auch bei den „hohen Frevelkeiten“ werden nur die mit Geld abgestraften Frevel genannt. Die Geldstrafen sind im ersten Abschnitt allesamt gleich hoch.
Gotteslästerung, verbotene Schwurleistungen usw., die nicht zu groß und schwer sind (beispielsweise leichtsinnige, nicht im eigentlichen Sinne ernstzunehmende Lästerungen und Schwüre) werden beim ersten Mal mit 6 Gulden 6 Batzen abgestraft (der Gulden hatte 15 Batzen).
Wer ein schlechtes, verbotenes Gelübde (Gelöbnis) abgelegt hat oder erstmals ein allgemeines Gebot zum Frieden nicht beachtet, soll ebenso viel bezahlen.
Wer einen Stein „zuckt“ (also seinen Gegner sichtbar mit Bewerfen bedroht!), zahlt 6 fl 6 Batzen. Wer geworfen hat, gleichgültig, ob er getroffen hat oder nicht, kommt vor das Hochgericht! Wer gegen jemand schmach- und ehrverletzende Worte gebraucht (Beleidigung), und diese Worte nicht beweisen kann, zahlt ebenfalls 6 fl 6 B Strafe. Genauso, wenn jemand einen anderen zum Kampf herausfordert.
Wer das dritte Gebot (Sonntagspflicht) verletzt, also am Sonntag den Gottesdienst nicht besucht oder gar an diesen Tag arbeitet, hat wiederum 6 fl 6 B zu entrichten.
Dasselbe gilt, wenn jemand gegen einen anderen „Gewalt braucht“, also körperlich zu etwas zwingt.
Und auch ein Wirt, der sein Weinfaß, ohne daß der Weinanschneider mit seinem Kerbholz die Menge des Weins untersucht hat, in den Keller trägt, zahlt als Buße 6 fl 6 Batzen.
Schwer bestraft wurde auch die „Bannmühlenüberführung“, also das Mahlenlassen in fremden Mühlen (auch andere Mühlen in der Herrschaft gehörten dazu!). In jedem einzelnen Fall zahlt der Übeltäter 6 fl 6 B. Davon befreit sind nur diejenigen, denen es der Herr aus dringenden Gründen gestattet hatte.
Wer einen anderen mit Zucken, Schlagen oder anderswie vergewaltigt, zahlt, wie beim Friedbruch (siehe bei den „höchsten Frevelkeiten“) 20 Gulden.
Wer in den Wäldern der Untertanen oder in den Wäldern von Ortsfremden widerrechtlich Holz haut oder Schaden tut, zahlt für jeden Baum („Stumpf“) einzeln drei Pfund Heller (ein Pfund waren 240 Heller, was später 40 Kreuzer entsprach).
Wer sich betrinkt, so daß er deswegen auf den Boden fällt oder sich selbst ungeschickt benimmt, zahlt als Strafe 1 Gulden 13 Batzen und 20 Heller (später 1 fl 55 Kreuzer und 2 Heller). Bei Wirtshausprellerei („dem Wirt ausgehen, ohne zu bezahlen“) galt die gleiche Strafe.
Mit demselben Strafmaß mußte auch der rechnen, der von jemanden für Floßholz Geld genommen hat, und dieses Holz dann an einen anderen verkauft.
Ebenso auch, wer mit metallenen Gegenständen (Stahl und Eisen) gegen jemanden zuckt (bedroht).
Wer mit dem Bogen schießt (Pfeile), außerhalb der Schießstatt oder bei entsprechend erbauten Schießstätten an Herbergen, als auf freiem Feld und im Wald, zahlt ebenfalls 1 fl 13 B 20 H.
Die „Mittelfrevel“ (dritte Gruppe)
Wenn ein Schiffer mit seinen Knechten über einen Mühleteich fährt, ohne zuvor den entsprechenden („gewohnlichen“) Zoll bezahlt zu haben, büßt für jede Person, die daran beteiligt ist, 1 fl 13 B 20 H.
Wenn der Herr im Schramberger Tal einen Metzger zum Alleinaushauen des Fleisches berechtigt (es waren dort lange vier, später sechs Metzger ansässig, außerhalb Schrambergs keine!), dann dürfen weder Wirte noch Untertanen selbst schlachten – bei der gleichen Strafe.
Die „kleinen Frevel“ an Geld (vierte Gruppe)
Wer auf das erste Gebot, seine Schulden zu bezahlen, innerhalb der gerichtlich festgesetzten Zeit nicht reagiert, büßt mit 9 Batzen 15 Heller (= 38 Kreuzer 3 Heller). Wer auch beim zweiten Gebot nicht rechtzeitig seine Schulden bezahlt, büßt mit 19 Batzen 5 Heller (= 76 Kreuzer 5 H, also 1 Gulden 16 Kreuzer 5 H).
Wer zum Jahrgericht nicht oder nicht rechtzeitig erscheint, zahlt als Strafe 10 Schilling (= zwei Gulden). Dabei zahlt er dem Herrn 7 und die anderen 3 an das Gericht. Das Ungehorsamsein bezieht sich auch auf das Verhalten beim Jahrgericht.
Zu den kleinen Freveln gehören auch Fauststreiche (Faustschläge), die nicht schon früher bei den höheren Frevelkeiten genannt sind, nämlich dann, wenn die Tat nicht unter das Friedgebot fällt, kein Blut fließt und der Angegriffene auch nicht auf die Erde gefallen ist („erdfällig“). Diese Geldfrevel gehen in diesem Fall in die Kasse des „Untervogts“, wobei damit der Stabsvogt (in Abgrenzung zum Obervogt als dem Vertreter des Herrn) und nicht etwa der dem Stabsvogt beigeordnete Beivogt gemeint ist. Wenn der Obervogt (Oberamtmann) einen Untertanen in Frevelangelegenheiten vor sein Amt in Schramberg bestellt hat, und der Übeltäter nicht zur festgesetzten Zeit vor Gericht erscheint, dann hat dieser als Buße 3 Schilling Heller zu bezahlen, also 36 Kreuzer.
Besetzte Frevelkeiten im Amt Tennenbronn (Folio 239R bis 241)
Was im Tennenbronner Amt in peinlichen (Hochgerichtsbarkeit) und bürgerlichen (Niedergerichtsbarkeit) Angelegenheiten üblich ist, wurde bereits am Anfang des Urbars beim Kapitel „Ober- und Herrlichkeit“ dargestellt, und kam auch im Kapitel „Malefizstrafen“ zur Sprache. Danach wird bei den schrambergischen und hornbergischen Untertanen in gleichem Maße (gleichlich) Gericht gehalten. Die Obrigkeiten folgen dabei dem Brauch, das Gericht mit insgesamt zwölf Urteilssprechern (Richtern) zu besetzen, je sechs aus den zwei Ämtern. Die beiden Amtleute haben dabei die gerichtlichen Angelegenheiten jahrweise wechselnd zu rechtfertigen (d. h. das Recht richtig anzuwenden und zu fertigen), die Klage zu führen (Ankläger) und die Strafe auszusprechen. Dies betrifft sowohl das Malefiz- als auch das bürgerliche Gericht. Die eingegangenen Strafgelder werden je hälftig geteilt und den beiden Obrigkeiten ausgehändigt.
Wenn aber eine der beiden Herrschaften ihre Untertanen außerhalb des üblichen Rechtsweges an Geld strafen will, dann soll dies der anderen Herrschaft berichtet werden. Auch in diesem Fall ist der eingegangene Geldbetrag zur Hälfte an die andere Herrschaft zu verabfolgen. Wenn nun einem Missetäter die Geldstrafe teilweise nachgelassen wird, dann soll dies auch die jeweils andere Herrschaft betreffen.
Bei der Strafzumessung sind in Tennenbronn eigene Bräuche überliefert. So zahlt derjenige, der den gebotenen Frieden übersieht, dort 6 Gulden 6 Batzen. Wer einen anderen so schlägt, daß er blutet, büßt mit einer Strafe von 1 Gulden 13 Batzen 20 Heller. Mit metallenen Gegenständen (Stahl und Eisen) zucken, d. h. sichtbar bedrohen, wird mit 10 Schilling Heller bestraft.
Im übrigen sollen alle Übeltaten, wie z. B. hohe, große und kleine bürgerliche „Mißhandlungen“ (böse Handlungen), Frevelkeiten, Schmach (Beleidigung), Ausforderungen (Herausfordern zu Tätlichkeiten), Brechen eines Gelübdes, Unrecht (Rechtswidrigkeiten), Ungehorsam, Gewalt, Nichtbeachten von Geboten, Anrichten von Schäden aller Art usw., wie oben bereits dargestellt, von beiden Obrigkeiten bzw. deren Amtleuten so gebüßt und gestraft werden, wie man rechtens bei der Gerichtsverhandlung erkannt hat.
Besetzte Frevelkeiten im Langen Kirnbach (Folio 241R bis 242R)
Hingewiesen wird auf den Vertrag von 1502 zwischen Herzog Ulrich von Württemberg und Georg Lempp, dem Vorvorgänger des Rochus Merz (unterzeichnet in Urach am Samstag vor dem Dreifaltigkeitssonntag).
Auf dem zum Gerichtsbezirk Württemberg gehörenden Teil der Gemeinde (gleichgültig, wem dort die Höfe gehören) stehen die Geldstrafen in voller Höhe Herzog Ulrich zu. Dies gilt in analoger Weise für Georg Lempp und seinen Gerichtsbezirk (vgl. Folio 234R und 235). Wenn aber ein „Ußmann“, d. h. ein Nichtlehenträger eines Hofs oder auch ein Auswärtswohnender, also ein Nichtuntertan, in Kirnbach frevelt, dann sind die eingehenden Strafgelder je hälftig unter die beiden Obrigkeiten zu teilen. Wenn der Mayer auf dem Heiligengut einen Frevel begeht, dann erhält der Heilige (d. h. die Kirchenpflege in Kirnbach) das Strafgeld.
„Gemeine Einkommen“ (Folio 243 bis 244)
In diesem Kapitel werden verschiedene Einnahmemöglichkeiten des Herrschaftsinhabers aufgeführt.
Das Abzugsgeld
Zunächst wird das Abzugsgeld genannt. Es ist von denjenigen Untertanen zu entrichten, die für immer aus der Herrschaft herausziehen wollten (nicht zu verwechseln mit dem „Hofabzug“, den ein Bauer abgeben mußte, wenn er ein Lehen übergeben wollte). Dafür hatte der Abziehende von jedem hinausgeführten Gulden – wobei Sachgegenstände in Geld umgerechnet wurden – einen Batzen abzugeben. Da ein Gulden 15 Batzen entsprach, betrug der Abzug ein Fünfzehntel des gesamten hinausgeführten Vermögens oder 6 2/3%. (Im 16. Jahrhundert wurde der Wert des Guldens auf 15 Batzen festgelegt, jeder Batzen auf vier Kreuzer, jeder Kreuzer auf sechs Heller.)
Das Bannweingeld
Der Herrschaftsinhaber hatte auch das Recht, das sogenannte Bannweingeld einzuziehen.
Über die Herren von Kirneck (Burg im Kirnachtal, zwischen Unterkirnach und Villingen gelegen) war der Weinzins in Herbolzheim im Breisgau an die Schramberger Falkenstein-Linie gekommen; und zwar über die Ehe der Witwe Elsa von Falkenstein mit Brun von Kürnegg. Dieser Weinzins war ursprünglich ein Lehen des Hochstifts Straßburg an die Grafen von Fürstenberg, die 1369 den Herrn Werner von Kürnegg damit weiterbelehnten. Die genannte Elsa von Falkenstein, die ihrerseits nicht mit den Schramberger Falkenstein verwandt war, vielmehr aus der Falkenstein-Familie in den Vogesen stammte, war in erster Ehe mit Aigelwart (V.) von Falkenstein verheiratet, der vor 1439 gestorben sein muß, worauf sie den eben schon erwähnten Brun von Kirneck heiratete (in dritter Ehe war sie mit Hans von Heudorf vermählt). Aus ihrer ersten Ehe sind vier Söhne und drei Töchter bekannt. Haupterbe war Jakob (I.) von Falkenstein, genannt 1439/93, der seine Herrschaft verkaufte. Von Jakob und seinen Geschwistern ging daher auch der Weinzins an die von Rechberg. (Jakob war übrigens mit Barbara von Rechberg, einer Tochter des Hans von Rechberg verheiratet. Von ihm stammen die 1872 in Oberrimsingen ausgestorbenen Freiherren von Falkenstein ab.)
Unter dem Titel „Ober- und Herrligkeiten“ steht das weitere auf Folio 27. Die Wirte erhielten für das Ausschenken lediglich einen Schenkerlohn und zwar von einem Sohm (Saum) (= 68 Maß = rund 102 Liter) sechs Schilling Heller. Für ein Maß Bannwein mußten sie von ihren Gästen so viel verlangen, wie sie vom letzten selbstverkauften Wein verlangt hatten. Das Bannweingeld mußte auf der Burg abgeliefert werden.
Appellationsgeld
Ein vor den herrschaftlichen Gerichten verurteilter Untertan konnte gegen das Urteil appellieren, also Einspruch erheben, Berufung einlegen bzw. Revision fordern. Nach 1583 mußte vor dem eigentlichen Herrschaftsherrn, nämlich Österreich, appelliert werden, so daß diese Gelder nach Innsbruck – dem Sitz der österreichischen Vorlande – und zuletzt nach Freiburg flossen. Für die Appellation wurde eine Abgabe von einem Gulden gefordert.
Das gleichzeitig genannte Zugrecht betraf die Möglichkeit, einen Kauf innerhalb einer bestimmten Reuezeit rückgängig zu machen. Auch konnten nahe Verwandte des Verkäufers Einspruch erheben und selbst in den Kauf eintreten. Wer dieses Zugrecht beanspruchte, hatte ebenfalls einen Gulden zu zahlen.
Mannlehengeld
Der Herrschaftsinhaber besaß in Trossingen und Umgebung rund dreißig Mannlehen, die er an auswärtige Untertanen als Lehen ausgab (siehe Folio 33R). Diese Lehen sind in einem besonderen Urbar (Lagerbuch) eingetragen. Bei jedem Lehenswechsel („Veränderung“) mußten dem Herrn ein Rheinischer Goldgulden, dem Herrschaftsschreiber ein Ort für das Schreiben des Lehensbriefes und Reverses gereicht werden. („Ort“ ist eine Geldwährung und entsprach wohl einem Viertel Gulden; ein Schilling Heller waren 12 Heller). Der Rheinische Goldgulden hatte vor 1752 den Wert von fünf Gulden 30 Kreuzer; der Gulden selbst war ein Silbergulden).
Das Siegelgeld
Auf Kontrakten und Verträgen aller Art mußte das herrschaftliche Siegel angebracht werden, das erst den rechtlichen Abschluß des Vertrags bestätigte und beurkundete. Dafür war dem Herrn ursprünglich eine „schwarze Henne“ zu reichen, später in Geld umgerechnet „zwei Plappert“, die etwa zwei Batzen entsprachen.
„Frohnen und andere Dienstbarkeiten“ (Folio 244R bis 247R)
Alle Untertanen, sowohl die belehnten als auch die unbelehnten, waren verpflichtet, jährlich vier Tage „zur gewöhnlichen Haushaltung des Schlosses“ auf dem Schloßhof und anderen herrschaftlichen Gütern zu fronen. Eine Pflicht zur körperlichen Ausübung dieser Fron gab es nur für die Untertanen in den beiden Stäben Schramberg (einschließlich Sulgen!) und Lauterbach (einschließlich Sulzbach) sowie in Aichhalden, in dem die Arbeit aber etwas anders gestaltet war. Siehe dazu weiter unten. Für die Stäbe Tennenbronn und Mariazell galten besondere Regelungen, ebenso für den langen Kirnbach (s. u.).
Die Inhaber von Seßlehen mußten entweder in eigener Person fronen oder aber einen Knecht oder Buben schicken, der die gleiche Leistung erbrachte wie der Bauer selbst; dazu mußte ein Ochsengespann mitgebracht werden – und zwar das beste. Die „Einspennigen“, d. h. die ledigen Untertanen, die keine Grundstücke bewirtschafteten, konnten niemanden delegieren und mußten in eigener Person zur Fronarbeit kommen, und zwar an jeden gewünschten (verkündeten) Ort und zu jeder geforderten Arbeit. Als Beginn der Fron war morgens um sieben Uhr angesetzt, beendet werden sollte sie abends um fünf. Es war also zehnstündige Arbeit gefordert.
Einige Untertanen in diesen beiden Ämtern gaben dafür eine entsprechende Geldersatzleistung. Der Betrag dafür war nicht endgültig festgesetzt; er richtete sich nach dem Gefallen des Herrn. Diese Abmachung konnte jederzeit gekündigt werden.
Im Amt Tennenbronn (Folio 245)
Die Untertanen im schrambergischen Amt Tennenbronn waren ebenfalls zu vier Frontagen verpflichtet. Statt körperlicher Arbeit hatten sie dafür aber für die geforderten Tage zusammen 23 Gulden 11 Batzen jährlich zu zahlen. Sowohl der Herr wie auch die Untertanen waren berechtigt, diese Abmachung jederzeit zu kündigen.
Im Amt Mariazell (Folio 245R)
Auch die Untertanen in Mariazell sind lt. Urbar zu vier Frontagen verpflichtet. Jedoch haben die Mariazeller wegen der Weite des Wegs zum Schloß (Burg) dafür stets Frongeld gegeben. Das Geld wurde mit den Boden- und Lehenzinsen zusammen verrechnet. Die Höhe des Geldes ist bei den Höfen unter den „Boden- und Lehenzinsen“ eingetragen.
Zusätzlich mußten die Mariazeller bei den anfallenden Verrichtungen am Großen Weiher von Mariazell arbeiten und fronen, so oft dies eben nötig war. Sie hatten beim Ablassen, Abfischen und beim Säubern des Weihers zu helfen. Diese letzte Bestimmung betraf wohlgemerkt nur die Bauern im Dorf und nicht die „Auf den Höfen“, also dem heutigen Hardt.
In einer Anmerkung zu diesem Absatz wird festgestellt, daß in einer auf Folio 219R / 221 abgeschriebenen Obligation die Höhe des sehr gering angeschlagenen Frongelds festgelegt wurde.
Im Amt Aichhalden (Folio 246)
Die Aichhalder haben statt der vier Frontage die „Zollbrücke“ zu unterhalten. Man meinte damit die sogenannte „Lange Brucken“, einen Knüppelweg, der zur Herrschaftsgrenze und über die Eschach führte. Auch Straße und Weg dorthin mußten unterhalten werden. Dazu mußten die Untertanen auf eigene Kosten auch das Holz liefern.
Die Brücke hatte auf Waldmössinger Bann (Markung) eine Fortsetzung. Für die Unterhaltung dieses kleineren Teils der Brücke auf dem Herrschaftsgebiet der Grafen von Zimmern und für Holzlieferungen aus ihrem Wald zu diesem Brücken und Wegebau erhielten die Waldmössinger das Recht, ohne Zollabgabe diese Straße benutzen zu dürfen. Vgl. dazu auch den entsprechenden Absatz bei den „Zöllen“ Folio 217 bis 217R.
In gemein (Folio 246R und 247)
Zusätzlich zu den oben genannten Fronabgaben waren alle Untertanen, niemanden ausgenommen, auf Befehl des Herrn und seines Befehlshabers (Burgvogt, Oberamtmann) zu besonderen allgemeinen Fronen verpflichtet, „zu zimblichen Zeiten“, also wenn dies gerade notwendig ist. Solche Sonderfronen waren:
1) Mithilfe beim Hagen und Jagen: Hage (Zäune) mußten an der Grenze und um bestimmte Waldreviere aufgestellt werden. Beim Jagen mußten Treiberdienste geleistet werden, das „Wildzeug“ das abgeschossen worden war, mußte auf den Sammelplatz und dann zum Schloß getragen und gefahren werden. Auch Hage mußten an den Verwendungsplatz gebracht werden, und zwar dorthin wo sie hinbefohlen wurden („beschaiden“ = beschieden wurden).
2) Bei Bauarbeiten, vor allem an den Schloßgebäuden (also der Burg Hohenschramberg), mußten die Untertanen eine „geziemende“ (zumutbare) Baufron leisten, und zwar als Fuhr- oder Handfron. Diese Verpflichtung wurde auf jährlich drei Tage begrenzt. Zu den Herrschaftsgebäuden zählte übrigens auch die Bannmühle im Tal, das Amtsgebäude usw.
3) Eine Sonderfron galt ausschließlich den Flößern und den am Flößen interessierten Untertanen. Wer auf der Schiltach die Flößeinrichtungen benutzen wollte, war verpflichtet (schuldig), den Bach zu räumen, also den Bach von allen großen Steinen zu säubern, damit die Floße auf keine Hindernisse stießen. Zu räumen war das Bachbett bis zur Herrschaftsgrenze am sogenannten Vogelswuhr (unterhalb der Sammelkläranlage). Dort übernahmen die Schiltacher diese Aufgabe. Die Flößer sollen gleichmäßig mit dieser Fron belastet werden. Ein Ausgleich unter den „Räumern“ soll durch entsprechende Zusatzleistungen bei anderen Fronen geschaffen werden.
4) Die „ledigen und einspennigen Gesellen“ hatten das Brennholz für das Schloß zu fällen, dann zu „scheiten“ (= in Scheite auseinanderzuschlagen) und anschließend zu Klaftern zu stellen, d. h. Klafterbeigen zu errichten. Dabei mußten sie die Klafter nach dem vorgeschriebenen Maß aufstellen, nämlich in der Höhe sieben, in der Länge vier und in der Breite sieben Schuh („Werkschuh“ = Werktags- oder Arbeitsschuhe). Ein jeder Werkschuh maß zwölf Zoll. Ein österreichischer Schuh (Fuß) in Freiburg 0,316 Meter, in Innsbruck o,278 Meter. Der Schuh wurde in zwölf Zoll eingeteilt, der also beim Freiburger Schuh, welcher bei den Besitztümern des Rochus Merz angenommen werden kann, 2,317 cm gemessen haben dürfte.
Im Langen Kürnbach (Folio 247R)
Die von Probst Braun aus Straßburg 1552 erkauften Untertanen im langen Kirnbach waren schuldig, Tagdienst und Fron zu leisten. Dieser Tagdienst bestand wie bei den schrambergischen Untertanen jährlich in vier Tagen. Der Lehensbesitzer (Mayer) hatte dazu sein Fuhrwerk mit Zug zu stellen, der „Einspennige“ (also ohne Landwirtschaft) arbeitet mit seinem Leib (Handfron). Dieser Eintrag wurde 1558 wieder für ungültig erklärt.