Waller-Chronik

Früherer Umfang der Herrschaft, politischer Zustand und grundherrliche Verhältnisse

Die Seiten 24ff. verbergen ein Sammelsurium an Auszügen aus historischen Quellen. Über weite Passagen zitiert Waller ausführlich aus dem Merzschen Urbar, z. B. zu Umfang und Ausdehnung der alten Herrschaft. Auf den Seiten 42f. geht er dann auf einige Ereignisse und Entwicklungen ein, die die Ablösung des Urbars als maßgebliches Regelwerk für die Herrschaft betreffen. Einige seiner Ausführungen werden hier übersprungen. Die Seiten 44ff. sind noch in Bearbeitung und werden zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht.

 

IV. Früherer Umgang der Herrschaft, politischer Zustand und grundherrl. Verhältnisse.

Das Urbar (Lagerbuch) vom Jahr 1547 beschreibt die Herrschaft Schramberg also: "Berghaus, Befestigung, Schloß und Freiherrschaft Schramberg auf dem Schwarzwald gelegen, auch desselben Bezirk, Begriff, Grenz, Zweig [sic!], Bann, darin geschlossene Landschaft, Erdreich, Grundt, Boden, Burgstall, Aemter, Vogteien, Thäler, Stättlin, Märkte, Dörfer, Weyler, Höf mit allen ihren hohen und niedern Obrigkeiten, Regalia, fürstliche Obrigkeiten, Forsten, Wildbann, eigenthüml. Gebürsten, Weyden, Freyheiten, Herrligkeiten, Ehren, Zierden, geistliche und weltliche Lehnschaften, Schirmsgerechtigkeiten, Kirchensätzen, Jurisdiction, hohen und niedern Gerichten derselben Uebung, Geboten, Verboten, gewaltsamen Rechten, Gewohnheiten, Satzungen, Eigenthumd sammt denen darin geleibten Unterthanen ewig besetzt und unbesetzt Zins, Rent, Gult, Lehen und Güterfähl, Zehnden, Liegenstück an eignen Meyerhöf, Müllen, Gärten, Felder Wiesmatten, Aecker, Weyher, Fischwasser, Hölzer, Wälder, Zoll, Ungeld, Leib- und anderen Aigenschaften, Ungenossamen, Auf- und Abzügen, Malefiz und anderen Strafen, Frevel, Cuoßen und Besserungen, gemeinen Einkommen, Frohn und andern Dienstbarkeiten, auch wie es mit demselben gehalten werden soll, desgleichen alle und jede Nutzungen, Gefäll, Um und Zufäll an Geld, Früchten, Wein, Korn, Haber, Hühner, Eier und anderen Eintragen, wie das weyland die alte Freiherrn von Ramstein und Falkenstein, die Edlen von Rechberg und Landenberg, auch Andere vor ihnen nach einander inne gehabt und ersessen und was nachmals der eben gedachte Herr Rochus Merz, jetziger Inhaber von ihnen, denen von Landenberg, auch darnach in ander Burg mit aufrichtigen und redlich Kauf, titul an und zubrührter Freiherrschaft Schramberg, laut glaubwürdiger Urkunde und Brief gebracht und bisher ruhiglich besessen, genützt und genossen..." Ueber

 

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den damaligen Umfang der Freiherrschaft Schramberg sagt das Urbar: "Die darin gelegenen Aempter sind: 1. Schramberger Ampt und Vogtei - dazu gehört: der Markt unten am Schloßberg, Schramberger Thal und Hof gar, Kirnbacherthal und Hof gar, das Göttelbach Thäle und Höf gar, Falkenstein er Thal und Höf gar, der Lienberg und derselben Höf mehrentheils; das Förflein Sulgen bei der Kirch gar, hinter Sulgen, Höf und Weyler gar, der Redersperg und Höf gar, der Berg, genannt Ybrandt, und desselben Höf mehrentehils; die Schiltacherburg, Grund und Boden und Höf, so an diesem Ort gelegen. 2. zum Andern Aichhalder Ampt und Vogtey, dazu gehört das abgegangene "Städtlin" Aychhalden gar, alle Höf zu Hinter-Aychhalden gar, der Lienberg und desselben Höf zum Theil, die Höf uf den Riesen gar, die Höf in der Rytj und Oberrütj gar, die Höf in der Eselbach gar, die Halde zum Theil und alle Erdreich, Grund, Boden und Höf, so an diesem Ort gelegen. 3. zum Dritten Lauterbach und Sulzbach, Ampt und Vogtey gar mit beide Thäler, Lauterbach und Sulzbach gar mit alle ihrer Zugehör; der Hilsenbühl zum Theil, der Imbrandt ganz, sammt alle ihre Höf mit ihrem Begriff und Zugehörung. 4. zum vierten Mariazeller Ampt und Vogtey gar, darin ist gehörig: das Dorf Mariazell mit seinem Zugehör in und außerhalb Fleckens gar; der Wunnenberg, soweit die Lehen gerissen gar; die Weyler zu Guswald, mehrentheils, nämlich zwei Höf gar; der Hardt einestheils und namentlich drei Höf, der Friedrichsberg gar, hat drei Höf. Item die zwei Höf zu Schönbronn mit ihrem Begriff und Zugehörung, und alle Erdreich, Grund und Boden, so an diesem Ort gelegen sein. 5. Zum fünften das Ampt und Vogtey Thennenbrunn, darin ist gehörig: die Ramsteinhöf und Weyler gar, deren sind vier; der Gerenspach und desselben Höf gar, seyend auch vier; Burbachhof und Weyler gar, Thennenbrunner Hof zum Theil, die Löwishöf (gegen St. Georgen zu) zum Theil; Mußbachhof zum Theil; Kalchhof gar; Schwarzenbachhof zum Theil; die Steighöf zum Theil; Unterschiltachhof zum Theil;

 

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die Hurbhöfe zum Theil und alle Erdreich, Grund und Boden, so zu bestimmten Orten gehörig sind. 6. Zum sechsten die Neunhöfe in Langenkirnbach ist ein Ampt und Vogtey, so anno 1552 erkauft wurden." Dieser Stab wurde 1558 an Würtemberg vertauscht und für ihn 1558 der Stab Sulgen substituirt (Stälin). Ferner gehörten nach dem urbar dazu: die Burgställe: 1. Ramstein, daher diese Freiherrschaft ihren Ursprung und Ankunft hat; 2. Ober-Falkenstein; 3. Unter-Falkenstein; 4. Altenburg (auf den St. Georger Gotteshausesgütern gelegen); 5. Berneck und Neuenburg; 6. Schiltegg; 7. Weyher Burgställin (Hinter Aichhalten); 8. Burgstall hinter Heiligenbronn im Wald, genannt Lichtenau.

Die Grenzen der Herrschaft waren folgende: "Von den Grenzsteinen von der Langwiese, welche auf der Hälfte des Weges von Honberg nach Schramberg liegt, nach dem Berg und Wald Hutneck; von hier nach dem Mosenwald zwischen Schramberg und Sulzbach und dem größtentheils nach Hornberg gehörenden Langenkirnach, von hier immer auf der Höhe nach dem Walde Braunholz; dann über den höchsten Rücken des Kohlberges. Von hier aus herab auf den Ybrandt, der Straße nach zum Hof Kienbrunn und auf der Seite gegen Schiltach bis auf den Finsterbach, gegen Hinterholz. Von da über das höchste Gebirg, zum sogen. Teufelskapf (Schilteck). Von hier in's Thal hinab an das Schiltachflüßchen beim Nagelwehr (Sonne) und wieder aufwärts in den Reinhardts-Graben, dem höchsten Gebirg zu; über dieses nach Eulersbach, längs des Heerweges nach dem Rorbach und der Rorhalden, die zu Schramberg gehören (1547), sowie der Heimlichswald, zu dem sie weiter fortläuft und welcher mit einer Spitze an die Herrschaft Schenkenzell angrenzt. Von hier geht die Grenze mitten in den Röthenberger-Weiher, dann an den Aichachbach und die Markung von Winzeln, längs jenes Baches bis an die "Langebruck," von der ein Theil auf der Markung Waldmössingen liegt. Ferner nach Heiligenbronn zum Hofgut die "4 Häuser", das an die Markung v. Seedorf grenzt. Von da an die Höhwies, hinter Sulgen bis gegen Schönbronn. Von da in den Teufen bis zu den Markungen von Weiler und

 

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Duningen [sic!], Locherhof und Stetten. Von da an gegen Hugswald an den Wonnenberg bis an die Güter des Schlöß'chens Burgberg und der Ruine Waldau, zur Hofgegend Müllehen nach der Glashalden, oberhalb der alten Burg hinaus bis an die Markung St. Georgen; ferner über den Brogen und das höchste Gebirge hinaus zwischen Schrambergischen und Hofnbergischen Höfen durch in die Löwiesen, des Vetter Mathias Lehen, über die Benz-Ebene zur alten Kappelle und Landstraße. Von hier an des Moosmanneshaus vorüber über die Höhe Reichslehen zwischen dem Reichenbach und Schwarzenbach nach dem Grenzstein auf dem Kohlenmoos, der St. Georgen, Hornberg und Schramberg scheidet und der Schneegrenze nach auf dem Hilsenbühl gegen den Schenkenbach, von wo aus man wieder auf die Langwiese kommt."

1699 waren in dieser Herrschaft Schr. 161 Bauern, 314 Taglöhner, zusammen 475 Familien; 1705 164 Bauern, 386 Taglöhner und zusammen 550 Familien. 1774 lebten in der ganzen Herrschaft 643 Familien. 1807 war die Einwohnerzahl 6,487: der Flächengehalt l24,177 Morgen 3¾ Vrtl.

Ueber die verschiedenen Recht u. Gerechtigkeiten u. s. w. lautet nun das Urbar von 1547 wie folgt: "[..]

 

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Es folgt nun im Urbar die Aufzählung der "Bodenzinse, jährlich auf Martini fallend, sammt den fallbaren Lehen", spezifizirt und ausgedrückt in "Geld, Haber, Hüner, Hennen" wie es bis zu deren Ablösung gehalten wurde; folgen nun weitere Abgaben: "[..]

 

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Die Malefiz-Gerichte wurden im Schramberger Thal auf der "Malstatt" - einem freien Platz - gehalten und bestand ein solches aus einem Stabhalter, 12 unparteiischen Richtern (von 24 gewählten) aus den 5 Aemptern der Herrschaft, 1 Herrschafts-Anwalt, 1 beklagten Anwalt oder Fürsprech. Das Gericht wurde öffentlich gehalten mit besonderen Förmlichkeiten: die Schöffen fällten das Urtheil, der Stabhalter verkündete solches und brach bei Todesstrafe den Stab. Der Herr hatte das Recht, das Urtheil abzuändern und zu begnadigen; im 17. Jahrhundert ging das Begnadigungs-Recht auf die östreich. Regierung über. Die Strafen waren für leichtere Fälle: Geldstrafen, Gefängniß, Pranger, Ausstellen in der Kirche mit brennender Kerze, Ruthenhauen, Ausweisung aus der Herrschaft; in schwereren Fällen (schon bei Diebstahl) Todesstrafe durch das Schwert, Verbrennen, Griff mit glühender Zange oder Enthauptung und nachheriges Verbrennen. Das noch vorhandene Malefiz Protocole [berichtigt: Protocoll] aus dem 17. Jahrhundert zählt viel solche Verhandlungen (s. Beilage.) Das Urbar zält nun die sog. "Fräfel" Strafen auf: "[..]

 

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Beeidigt waren nach dem Urbar, worin sämmtliche Eidesformeln enthalten sind: der Obervogt der Herrschaft, der Herrschaft Schreiber, der Forstknecht, der Bannmüller, die fünf Untervögte der Herrschaft, der Fronvogt, die Gerichtsleute (Schöffen), die

 

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Wirthe, die Weinanschneider und Schätzer, der Straßen Zöller, der Wasser Zöller und der Kirchenschaffner (Kastenvogt). Hiemit schließt das Urbar vom Jahr 1547, nach welchem in der Herrschaft Schramberg bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts gehandelt und entschieden wurde; die meisten der aufgeführten Rechte, Lasten und Abgaben wurden erst in den Jahren 1840, 42, 48 und 49 theils abgelöst, theils aufgehoben, theils an die Krone Würtemberg abgetreten, (1806 und 18.). Sehr vieles wurde in diesen Verhältnissen verändert, nachdem Oestreich die Herrschaft eingezogen hatte. Sie wurde nun ein Oestreichisches Kunkellehen und stund als solches unter dem Oberamt der Grafschaft Nieder-Hohenberg in Rottenburg und wurde in dieser Zeit zwischen den 6 Stäben der Herrschaft der Landschaftsverband hergestellt. (1594).

Die Herrschaftsbesitzer hatten hohe und niedere Gerichtsbarkeit in Civilsachen in 1ter Instanz, in criminali beschränkt mit der einzigen modifikation, die verhängten Todesstrafen nicht in Geldstrafen umzuändern; unbeschränkte Forst Jurisdiction unter Anwendung der Vorderöstreichen [sic!] Forstverordnungen; uebrigens sind die Rechte der Hoheit, Gerichtsherrlichkeit, Vogteilichkeit und Polizeigewalt durch Vertrag zwischen der Krone Würtemberg und dem Grafen von Bissingen dd. 3. Januar 1818 an die Krone Würtemberg abgetreten worden, welcher das dominium directum schon vorher zustund.

Im Jahre 1806 wurde die Herrschaft Schramberg Würtemberg einverleibt; das Patrimonialgericht blieb aber noch bestehen bis zum Jahr 1809 und war zusammengesetzt aus dem Oberamtmann, dem Actuar und 2 Magistrats-Personen. Im Jahr 1809 wurde das Gräfliche Ober-Amt aufgehoben und ein K. Unter-Amt errichtet, welches dem K. Würtemb. Ober-Amte Hornberg unterstand mit dem Cameralamt in St. Georgen. Das K. Unter-Amt umfaßte die Orte Schramberg, Aichhalden, Lauterbbach [sic!], Mariazell, Sulgen und Tennenbronn. Der Vorstand war "Justiz-Amtmann", hatte aber auch zugleich alle Amtschreibereygeschäfte zu besorgen und mußte deßhalb einen geprüften Substituten halten, welcher zugleich

 

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Actuar des Unter-Amtes war. Zugleich übte der Justiz-Amtmann die Functionen des 1. Ort-Vorstehers aus, welche ihm vom Staate übertragen wurden - bis zu anderwärtigen [sic!] Verwendung oder Pensionirung desselben, wofür derselbe aus der Staatskasse 200 fl. empfing und war ihm ein Magistrat beigegeben, bestehend aus einem Thal-Vogt (2. Ortsvorsteher), einem Beivogt, einem Stabsrechner und 9 Richtern. Die gemeinschaftliche Geld-Verrechnung übte der Landschafts-Cassier für diese corporation aus (ähnlich wie der Oberamtspfleger für die Oberamts-corporation), welcher die Landsteuer der 6 Stäbe zur Haupt-Casse in Ehingen abzuliefern hatte, wo die Ober-Einnehmerei für die directen und Kriegs-Steuern für Vorder-Oestreich war. Im Jahr 1810 wurde dieses Unter-Amt Schramberg dem neugebildeten Oberamt Oberndorf zugetheilt, der betr. Beamte aber blieb bis zum Jahr 1832 als Orts-Vorsteher, wo derselbe pensionirt wurde, nachdem schon im Jahre 1826 die Gemeinde Collegien eine dringende Beschwerde gegen diesen abnormen Gemeindezustand erhoben und um die Befugnis gebeten hatten, ihren Orts-Vorsteher selbst wählen zu dürfen. In demselben Jahre wurde sodann die erste Schultheißen-Wahl in Schramberg angeordnet.

Der Landschafts-Verband, in dem die 6 Stäbe seit Oestreichischen Zeiten gestanden, wurde im Jahr 1821 aufgehoben.

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