Die Musiker und Komponisten aus dem Werratal

Um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert wurden im heutigen Landkreis Hildburghausen (südliches Thüringen) zwei Personen mit Namen Dilger, genauer gesagt mit Namen Dilherr bzw. Dilliger, geboren, die später als Theologen und Komponisten eine gewisse Bekanntheit erlangt haben. Über eine etwaige Verwandtschaft der beiden kann derzeit nichts gesagt werden.

 

Artikel zu Johann Dilliger in der Zedler-Enzyklopädie

Dilliger, Johann (auch: Dillinger)
Pfarrer und Komponist

* 30. November 1593 in Eisfeld bei Hildburghausen

† 28. August 1647 in Coburg

 

Johann Dilliger, Pfarrer und Komponist, wurde am 30. November 1593 als Sohn eines Hufschmieds in Eisfeld (nördlich der Residenzstadt Coburg) geboren und wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Nach dem Besuch der Lateinschule in Eisfeld war er kurzzeitig in Naumburg, studierte dann aber seit 1611 in Magdeburg Musik beim Wolfenbütteler Hofkapellmeister Michael Praetorius. Beeinflusst wurde er auch von den Kantoren Agricola, Dreßler, Schröter und Weißensee.

1617 wurde Dilliger Kantor der Altstadt in Magdeburg, 1619 zusätzlich Leiter der Figuralmusik im Dom. 1618 ging er nach Wittenberg zum Studium der Theologie und wurde dort 1618 Kantor an der Haupt- und Schloßkirche. Mit der Promotion zum Magister schloß Dilliger das Studium ab und folgte 1625 dem Ruf an die Kirchen- und Stadtschule in Coburg (Casimirianum). 1633 wurde er Pfarrer in Gellershausen, kehrte aber ein Jahr später als Diakon an St. Moritz nach Coburg zurück. Er war außerdem Prediger an St. Crucis (Hl. Kreuz).

Sein Leben war belastet von den Schrecken und Drangsalen des 30-jährigen Krieges, Hungersnot und Pest, schweren Erkrankungen und Sterbefällen in der Familie. 1641 starb ihm die Gattin im Alter von 44 Jahren nach der Geburt des zwölften Kindes. Er selbst verstarb am 28. August 1647 in Coburg nach schwerer Krankheit.

Dilligers höheres Berufsziel war das eines protestantischen Predigers. Von seinen musikalischen Werken sind in der Landesbibliothek Schloss Ehrenburg Coburg (Moritzturm-Bibliothek) vor allem eine Reihe von Gelegenheitskompositionen erhalten, die Dilliger Fürst Johann Casimir oder anderen hochgestellten Hofbeamten widmete. Melchior Franck, Heinrich Hartmann und Benedikt Faber, die großen Musikerpersönlichkeiten am Hofe Johann Casimirs muss Johann Dilliger gekannt und mit ihnen zusammengearbeitet haben.

 

Der Text beruht zu einem Teil auf dem Artikel von Friedrich Wilhelm Bautz im Band I (1990) des Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikons (Spalten 1305-1306)

 

Sammlungen und Sammelwerke:

  • Musica votiva, Deo sacra, de tempore zu Ehren, Lob, Ruhm uund Preis der heiligen und hochgelobten Dreifaltigkeit mit 2-5 Stimmen, Coburg 1622
  • Decas I. prodromi triciniorum sacrorum sive neue geistliche Liedlein mit 3 Stimmen, Wittenberg 1621. Zweiter Teil, ebd. 1622, dritter Teil, Magdeburg 1623
  • Exercitatio musica I, continens XIII selectissimos concertos sive concentus musicos variorum authorum una cum basso generali, Magdeburg 1624
  • Neues geistl. Lustgärtlein ... Concerten u. Lobgesänglein, 2-4 Stimmen, Coburg 1626
  • Musica christiana cordialis domestica, d. i. christliche Haus- und Herzensmusica, ebd. 1630 (1629?)
  • Musica poenitentiaria et consolatoris, oder Buß- und Trostmusik, ebd. 1630
  • Musica oratoria et laudatoria, oder Bet- und Lobmusica, ebd. 1630
  • Musica Thanatobuleutica et excitatoria, oder bedachtsame Aufmunterungs- und Sterbemusica, ebd. 1631
  • Musica concertativa, oder Schatzkämmerlein neuer geistl. auserlesener Concerten, ebd. 1632 (1629?)
  • Jeremias poenitentarius in 52 deutschen Bußsprüchen, ebd. 1640
  • Musica christiania valedictoria, d. i. christliche Valet-Musica ... Reimgebetlein, ebd. 1642
Johann Michael Dilherr

Einzel- und Gelegenheitswerke:

  • Medulla ex psalmo LXVIII de prompta et harmonice 6 v. composita, Magdeburg 1614
  • Hochzeitagesang, 6 v., ebd. 1617
  • 3 Weihnachtaliedlein, 8 v., Wittenberg 1623
  • Trauerlied auf den Tod eines Knaben, 4 v., Coburg 1628

 

Dilherr, Johann Michael
lutherischer Theologe und Kirchenliederdichter

* 14. Oktober 1604 in Themar bei Hildburghausen

Vater Johannes Dilherr
Mutter NN

† 8. April 1669 in Nürnberg

 

Johann Michael Dilherr wurde am 14. Oktober 1604 in Themar bei Hildburghausen als Sohn von Johannes Dilherr, sächsisch-meiningischer Regierungsadvokat und Rat der fränkischen Ritterschaft von Rhön und Werra, geboren. Er besuchte das Gymnasium in Schleusingen und studierte in Leipzig, Wittenberg und von 1627 an in Altdorf bei Nürnberg, wo er sich vor allem mit den orientalischen Sprachen beschäftigte. Als Hofmeister einiger Nürnberger Patriziersöhne, angeblich weitläufige Verwandte, setzte Dilherr 1629 sein Studium in Jena fort als Schüler Johann Gerhards und wurde dort 1631 Professor der Beredsamkeit, 1634 der Geschichte und Dichtkunst und 1640 (nach Gerhards Tod) auch außerordentlicher Professor der Theologie. 1642 kam Dilherr nach Nürnberg als Direktor des Ägidiengymnasiums und wurde 1646 Pfarrer an St. Sebald und Antistes der Nürnberger Kirche.

Artikel zu Johannes Michael Dilherr in der Allgemeinen Deutschen Biographie

Dilherr trat entschieden ein für christliche Zucht und kirchliche Ordnung und erwirkte 1649 vom Rat ein Mandat gegen die Sonntagsentheiligung. Dilherr führte die Kirchenvisitationen wieder ein und gründete ein Kandidatenseminar. Dilherr starb am 8. April 1669 in Nürnberg.

Dilherr schrieb zahlreiche erbauliche Werke und erwarb sich durch Herausgabe mehrerer Gesangbücher, eigener Lieder und Melodien ein besonderes Verdienst um den Kirchengesang. Sigmund Theophil Stade, Organist an St. Lorenz in Nürnberg, gab 1644 seine "Seelenmusik geist- und trostreicher Lieder" heraus. Von den 20 Liedern dieser Sammlung stammen 19 von Dilherr. Von Dilherrs Liedern im Nürnberger Gesangbuch von 1677 sind u. a. bekannt: "Ermuntre dich, Herz Mut und Sinn, es ist die stille Nacht dahin, der Tag bricht nunmehr an", "Nun lasset Gottes Güte uns führen zu Gemüte. Kommt, lasset uns erwägen des frommen Vaters Segen" und "O Mensch, der Herre Jesus weint und dich mit seinen Tränen meint". Genannt sei auch das Trostlied "O du betrübte Seele mein, stell doch einmal das Trauern ein".

 

Der Text beruht zu einem beträchtlichen Teil auf dem Artikel von Friedrich Wilhelm Bautz im Band I (1990) des Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikons (Spalten 1303-1304)

 

Werke:

  • Contemplationes ac suspiria hominis christiani, 1634
  • Göttliche Liebesflammen über das königliche Brautlied Salomonis, 1640
    (2. Auflage 1651; geistliche Gedichte)
  • Sermon von der rechten Kinderzucht, 1642
  • Dialogus Mosis Plag, Sünders Klag, Christi Abtrag, 1642
  • De ortu et progressu, usu et abusu musicae, 1643
  • Seelenmusik geist- u. trostreicher Lieder
    (Tonsätze von dem Organisten Sigmund Theophil Stade an St. Lorenz in Nürnberg), 1644
  • Weg zur Seligkeit, 1649
  • Artikel zu Johannes Michael Dilherr in der Zedler-Enzyklopädie (Auszug)
  • Die heilige Sonntagsfeier, 1652
  • Evangelische Schlußreime, 1652
  • Heilige Charwoche, 1653
  • Der Hausprediger. Anweisung zur Gottseligkeit für Eltern, Kinder und Ehehalten, 1654
  • Christliche Betrachtungen des glänzenden Himmels, flüchtigen Zeit- und nichtigen Weltlaufs, 1657
    (2. Aufl. 1665; 3. Aufl. 1670)
  • Prophetenschule, 1662
  • Christliche Morgen- und Abendopfer, 1654
  • Frommer Christen täglicher Geleitsmann, 1653
  • Geistreiche Andachts-Arien über die sonn- und festtägliche Evv. (Sammlung der Lieder Dilherrs), posthum 1692

Herausgabe von:

  • Der irdischen Menschen himmlische Engelfreude (312 Lieder mit Nachrr. über ihre Autoren), 1653 (2. Aufl. 1671)
  • Geistliche Psalmen, auserlesene Lieder, gewöhnliche Hymni (712 Lieder), 1665