Trauungen, Taufen und Begräbnisse fremder Personen in Hochmössingen
(Reichsstadt Rottweil)

 

Teil I: Allgemeine Einführung

Durch den Dreißigjährigen Krieg und seine Folgen erlebte das Territorium der Reichsstadt Rottweil einschneidende demographische Veränderungen [1]. Die Bevölkerung nahm aufgrund von Seuchen, Hunger, Flucht und Kampfhandlungen zwischen einem Drittel und der Hälfte ab. So verzeichnet das Sterberegister der katholischen Pfarrei Hochmössingen allein in den Jahren 1635 und 1636 aufgrund einer von durchziehenden Truppen eingeschleppten Pest und einer nachfolgenden Hungerepidemie 197 Todesfälle [2]. Andererseits setzte bald nach Kriegsende durch eine anhaltende Zuwanderung von außen ein Bevölkerungsausgleich ein [3]. Deutlichen Niederschlag findet diese Zuzugsbewegung vor allem in den Hochmössinger Heiratsregistern, die in den Fällen von auswärts einheiratenden Personen meist detaillierte Herkunftsangaben machen [4]. Bei 139 zwischen 1661 und 1706 geschlossenen Hochzeiten sind 100 auswärtige Ehepartner nachgewiesen, von denen 23 aus der Rottweiler Landschaft, 38 aus der sonstigen Nachbarschaft, 9 aus der Schweiz, 7 aus Tirol und 23 aus anderen Gebieten stammen [5]. Die Schweiz stellte die größte Gruppe von Einwanderern, die überwiegend aus den eidgenössischen Aufstandsgebieten der Luzerner Landschaft in den Jahren nach der Niederschlagung des Schweizer Bauernkriegs von 1653 kamen [6]. Weitere Einwanderer stellte das Tiroler Inntal und seine Seitentäler, vor allem das Zillertal. Bei einem nicht geringen Teil der Heiraten handelt es sich vor dem Hintergrund der Franzosenkriege um Ehen zwischen durchziehenden Soldaten und ortsansässigen Frauen. Ebenfalls beachtlich erscheint der Anteil an Protestanten, für die der Übertritt zum Katholizismus für die Ansiedlung im streng katholischen Rottweiler Territorium unabdingbar war.

Die zahlreichen Einträge über Ehen, aber auch Taufen und Begräbnisse ortsfremder Personen in Hochmössingen stellen eine genealogische Quelle von hohem Wert dar. Für die Bearbeitung fanden folgende Grundsätze Anwendung: abgesehen von Zweifelsfällen sind sämtliche Personennamen in heutiger Orthographie aufgeführt. Ortsnamen sind ebenfalls in allen eindeutigen Fällen zur leichteren Lokalisierung in ihrer heutigen Form mit aktueller Postleitzahl angegeben, lediglich nicht identifizierbare oder mehrdeutige Ortsbezeichnungen stehen in Originaldiktion, Vermutungen sind als solche gekennzeichnet. Ortsansässige Hochmössinger Personen stehen ohne weitere Ortsbezeichnung. Jede von auswärts kommende Person ist aus Platzgründen in der Regel nur einmal erwähnt, Ausnahmen bilden lediglich von weit außerhalb, also aus Lothringen, der Schweiz und Tirol zugezogene Familien. Bei Heiratenden sind somit keine späteren Taufen aufgeführt, bei bereits Verheirateten ist nur die erste Taufe eines Kindes erwähnt, nicht aber weitere. Taufpaten und Trauzeugen aus der näheren Umgebung sind nicht berücksichtigt, jedoch solche von weit außerhalb, die sich in Kriegszeiten offensichtlich auf Durchreise befanden. Zu beachten ist außerdem, daß von auswärts zugezogene und bereits lange am Ort anwesende, also integrierte Personen bei ihrer Trauung oder ihrem Begräbnis im Kirchenbuch oft ohne Angabe der Herkunft aufgeführt sind. Auch dieses Prinzip wurde in der Regel beibehalten. Die Kirchenbücher führen etliche atypische, nicht in Hochmössingen vorkommende Familiennamen auf, ohne Angaben über die Herkunft der Namenträger zu machen. Diese Personen sind in der nachfolgenden Liste nur in Fällen offensichtlicher auswärtiger Herkunft zu finden.

Größere paläographische Probleme entstanden bei Eintragungen zwischen 1663 und 1687, für die der in dieser Zeit amtierende Pfarrer einen stumpfen Federkiel und ein sehr saugfähiges Papier benutzte, auf dem die Tinte stark zerfließen und sich durch das Papier hindurchfressen konnte. Eintragungen über Trauungen zwischen 1624 und 1628 sowie über Begräbnisse zwischen 1619 und 1628 einschließlich fehlen. Die Blätter wurden im Jahre 1634 in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges von Soldaten vernichtet [7].

 


[1] Vgl. Edwin Ernst Weber: Der Dreißigjährige Krieg und die Bevölkerungsentwicklung des Rottweiler Territoriums, in: Rottweiler Heimatblätter 1988, Nr. 4.

[2] Kirchenbuch Hochmössingen, Bd. 1, Begräbnisse 1579-1807. Die Kirchenbücher Hochmössingen sind überliefert im Diözesanarchiv Rottenburg, wo der Bestand Hochmössingen derzeit erschlossen wird. Als Mikrofilm außerdem überliefert im Genealogischen Archiv der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, Signatur 0998780. Vom Verfasser wurde eine Abschrift der Kirchenbücher in Form einer Datenbank angefertigt.

[3] Vgl. Edwin Ernst Weber: Zuwanderung im Rottweiler Territorium nach 1648, in: Rottweiler Heimatblätter 1988, Nr. 5.

[4] Kirchenbuch Hochmössingen, Bd. 1, Trauungen 1588-1806.

[5] Vgl. die Zusammenstellung bei Edwin Ernst Weber: Städtische Herrschaft und bäuerliche Untertanen in Alltag und Konflikt. Die Reichsstadt Rottweil und ihre Landschaft vom 30jährigen Krieg bis zur Mediatisierung, Rottweil 1992, Bd. 2, S. 776.

[6] Vgl. Andreas Staehelin: Die Schweiz von 1648 bis 1789, in: Handbuch der europäischen Geschichte, hrsg. von Theodor Schieder, München 1991, S. 65 ff.

[7] Kirchenbuch Hochmössingen, Bd. 1, Vermerk des Pfarrers auf dem Vorsatzblatt.

 

© Frank Wittendorfer 1998