Auswanderung aus dem Bereich des östlichen Rands des mittleren Schwarzwaldes

18. Jahrhundert

Seit Beginn des 18. Jahrhunderts - nach Ende der Türkenkriege - emigrierten viele Deutsche nach Osten: nach Rumänien und Russland und in das Gebiet des damaligen Ungarn (das zu dieser Zeit wesentlich größer war als heute). Nicht selten wurden die Menschen durch die dortigen Landesherren zur Ansiedlung ermutigt. In manchen Siedlungsgebieten (z. B. im Banat und in der Batschka) blieben Sprache und Kultur der ursprünglichen Heimat bis ins 20. Jahrhundert hinein erhalten ("Donauschwaben", "Banater Schwaben"). Auch aus der Herrschaft Schramberg und der Reichsstadt Rottweil sind zahlreiche Auswanderer in diese Gebiete bekannt.

Ebenfalls schon im 18. Jahrhundert zogen religiös motivierte Emigranten in die Vereinigten Staaten, um bei der dort gewährten Religionsfreiheit ohne Repressalien leben zu können. Vor allem Pennsylvania zog Deutsche aller religiösen Richtungen an. Für den Bereich des östlichen mittleren Schwarzwaldes ist allerdings eine derart frühe Auswanderung nach Nordamerika praktisch nicht zu verzeichnen.

 

19. Jahrhundert

Im 19. Jahrhundert erreichte die Auswanderung aus dem deutschsprachigen Raum einen Höhepunkt. Es kam verschiedentlich zu Massenauswanderungen, die eng mit der wirtschaftlichen Lage zusammenhingen. Bezogen auf Südwestdeutschland, kann man von drei Phasen der Massenauswanderung sprechen:

1) Infolge der aufreibenden napoleonischen Kriege (bis 1814), dem Zusammenbruch der Kriegswirtschaft und der Heimkehr vieler Soldaten aus den deutschen Armeen in ihre Heimatdörfer verschlechterten sich die Lebensbedingungen für breite Schichten der Gesellschaft. Viele sahen einen Ausweg in der Auswanderung. Bedingt durch einen gewaltigen Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien, einem der stärksten bekannten Vulkanausbrüche überhaupt, wurde so viel Asche in die Atmosphäre geschleudert, dass es in den Jahren 1816/17 auf der nördlichen Halbkugel zu extrem nassen und kalten Sommern kam und die Ernte zweier Jahre praktisch ausfiel. Die Emigrationsbewegung aus Südwestdeutschland verstärkte sich dadurch erheblich. Nur ein kleinerer Teil der Emigranten suchte in den USA eine neue Heimat. Hauptziel der Auswanderer dieser Jahre war Südrussland (Bessarabien, Gegend um Odessa, Gegend um Tiflis im Kaukasus). Zwischen 1814 und 1842 wanderten deutschlandweit etwa 1500 bis 2000 vornehmlich protestantische Familien mit insgesamt ca. 9000 Personen nach Bessarabien aus, ein Großteil davon auf dem Schiffweg über die Donau. Die Auswanderung aus den Räumen Württemberg, Baden, Elsass, Pfalz und Bayern nach Bessarabien mit dem zeitlichen Höhepunkt 1817 wird als "Schwabenzug" bezeichnet. Das (katholisch geprägten) Territorien der Herrschaft Schramberg und der Reichsstadt Rottweil waren davon allerdings nicht betroffen. In den Jahren nach 1820 ging die Auswanderungsrate spürbar zurück.

2) In den Jahren nach 1845 löste eine anhaltende Wirtschaftskrise die größte Massenemigration des 19. Jahrhunderts aus. Nun richteten sich die Auswandererströme fast ausnahmslos nach den Vereinigten Staaten. Dort wurden weite Landstriche erschlossen und besiedelt, indem man die eingeborenen Indianer bekämpfte und vertrieb. Einen zusätzlichen Anreiz zur Auswanderung bildeten seit 1845 die Nachrichten von Goldfunden in Kalifornien ("Goldrausch"). Die Emigranten dieser Phase nannte man aufgrund eines weiteren "Push-Faktors", nämlich der gescheiterten Revolution von 1848, auch "". Auch aus den Gegenden um Schramberg und Rottweil wanderten in diesen Jahren zahlreiche Menschen aus. Insgesamt dürften etwa 10 bis 15% der Bevölkerung ausgewandert sein, meistens ärme Leute (Handwerker und Taglöhner). Nach 1855 flaute die Auswanderung ab und kam während des Amerikanischen Bürgerkrieges (1861-1865) fast vollständig zum Erliegen.

3) Nach 1880 kam es noch einmal zu einer Auswanderungswelle in die Vereinigten Staaten, die jedoch nicht mehr die Stärke der anderen Auswanderungsbewegungen erreichte.

 

Quellen- und Forschungslage

Die Auswanderung nach Ungarn ist durch die Arbeit von Werner Hacker (siehe Literaturliste) vergleichsweise gut untersucht. Dagegen ist das Ausmaß der Auswanderung nach Nordamerika wenig bekannt. Im Gemeindearchiv Villingendorf, um das Beispiel eines Ortes auf dem Gebiet der Reichsstadt herauszugreifen, existiert zwar eine Auswanderungsliste "aller" Auswanderer in "alle" auswärtigen Gebiete. Sie erfasst allerdings wohl nicht einmal die Hälfte der tatsächlichen Auswanderer. Die Kirchenregister sind in dieser Hinsicht ergiebiger, jedoch ist das Durchsuchen der mehrere hundert Seiten umfassenden Kirchenregister äußerst zeitaufwendig; und sogar diese Register sind unvollständig. Bisher war nicht bekannt, wohin in "Amerika" diese ca. 100 Personen ausgewandert sind und auf welchen Schiffen sie reisten. Mit einer einzigen Ausnahme. In einem Falle nämlich haben die Kinder eines Auswandererpaares einen Jahrtag für ihre Eltern beim damaligen Villingendorfer Pfarrer gewünscht.

 

Übersicht über die hier zu findenden Seiten:

Berücksichtigt wurde die Auswanderung aus folgenden Orten, die, mit Ausnahme von Tennenbronn, allesamt in den Oberämtern Oberndorf und Rottweil lagen:

Aichhalden, Alpirsbach, Altoberndorf, Bach und Altenberg, Betzweiler, Bösingen, Dietingen, Dunningen, Ehlenbogen, Epfendorf, Flözlingen, Fluorn, Gößlingen, Hardt, Harthausen, Heiligenbronn, Herrenzimmern, Horgen, Irslingen, Lackendorf, Lauterbach, Mariazell, Oberndorf a.N., Peterzell, Reutin, Römlinsdorf, Rötenbach, Rötenberg, Rotenzimmern, Schramberg, Seedorf, Stetten, Sulgau, Sulgen, Tennenbronn, Vierundzwanzig Höfe, Villingendorf, Wälde, Waldmössingen, Winzeln, Zepfenhan, Zimmern o.R.

Für das 18. Jh. sind nur vereinzelt Emigranten verzeichnet. Schwerpunkt ist das 19. Jahrhundert. Die Listen sind allerdings auch hier lückenhaft.

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